Im Jahr 1777 erlebte Barentin ein weiteres Wunder: Bagatelle. Der Graf von Artois, der Bruder des Königs, ein Mann mit viel Elan und Schulden, hatte dieses heruntergekommene Anwesen erworben, das seinen Ambitionen unwürdig war. Bei einem Abendessen im Trianon schloss er mit der Königin eine gewagte Wette ab: Er wollte in einhundert Tagen ein orientalisches Märchen würdiges Lustschloss errichten. Der Hof, an seine Exzentrizitäten gewöhnt, hielt den Atem an. Nach 64 Tagen war das Wunder vollbracht: Ein Pavillon mit lichten Kolonnaden und Fresken mit tanzenden Nymphen erhob sich im Bois de Boulogne. Bei der Einweihung unter einem sternenübersäten Augusthimmel bemerkte Barentin: „Ein in Marmor gemeißelter Traum, aber wie vergänglich!“ Die von Fackeln erhellte Feier brachte den engsten Kreis der Königin zusammen. Yolande de Polignac, eine Herzogin von bezaubernder Anmut, schwebte zwischen den Gästen. Ihr Lächeln verbarg einen Ehrgeiz, den Barentin zwar spürte, aber nicht zu benennen wagte. An ihrer Seite bezauberte der Graf von Vaudreuil, geboren unter der Sonne von Saint-Domingue, mit seiner Beredsamkeit, doch seine allzu lebhaften Augen verrieten einen berechnenden Verstand. Barentin, höflich, aber umsichtig, bevorzugte die Gesellschaft der Prinzessin von Lamballe, deren Sanftmut ein Spiegelbild der Königin zu sein schien.
Das Trianon blieb ihr Zufluchtsort. Dort, in der Privatsphäre der Salons, legte die Königin ihre Majestät ab, sprach über Schönbrunn oder lachte über eine Anekdote. Diese Momente, so selten wie Perlen, waren für Barentin Bruchstücke eines kostbaren Traums. Doch selbst in diesem Refugium schlichen sich Intrigen ein. Gerüchte über eine Affäre zwischen Marie-Antoinette und Axel de Fersen, einem schwedischen Offizier mit dem Gesicht eines Engels, kursierten in den Salons. Fersen, der sich 1774 kennengelernt hatte, war der Königin nach seiner Rückkehr aus Amerika 1783 näher gekommen und vertraute seiner Schwester seine ausschließliche Zuneigung an: „Ich kann nicht mit dem einzigen Menschen zusammen sein, der mich wirklich liebt.“ Barentin, der Fersen auf einem Ball kennengelernt hatte, betrachtete dies lediglich als glühende Freundschaft, doch er wusste, dass der Hof aus Gerüchten Dolche machte.
In Versailles verstärkte die Extravaganz der Mode den Glanz des Traums. Rose Bertin, „Modeministerin“, kleidete die Königin mit beispielloser Kühnheit ein. Ihre Poufs, jene schwindelerregenden Frisuren, verziert mit Heißluftballons oder aktuellen Ereignissen, machten Marie-Antoinette zur Ikone. Ihre Landkleider aus Musselin oder Polonaise brachen mit Konventionen und verwischten die Grenzen zwischen Adel und Bürgertum. Doch diese auf Kredit bezahlte Pracht schürte Kritik. Grausame Pamphlete gaben der Königin den Spitznamen „Madame Déficit“ und warfen ihr vor, das Königreich zu ruinieren. Barentin, der die unter den Kronleuchtern schimmernden Stoffe beobachtete, ahnte, dass diese Pracht einem Tanz auf dem Vulkan glich.
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